Eine der Merkwürdigkeiten, die WIKING offenbar ohne jede Recherche als Modell anbietet, ist die Neuheit August 2019 - der Tempo Matator Kastenwagen "Deutsche Post".

WIKING 0335 03 Tempo Matador Deutsche Post
WIKING 0335 03 Tempo Matador Deutsche Post

Auf den ersten Blick ein einladendes Fahrzeug, doch hat es diesen Kleinlaster so nie gegeben. Dafür gibt es 4 Argumente:

  • Das Basisfahrzeug wurde nur 1949-1952 gebaut, danach verweigerte VW die weitere Lieferung der Motore und der Nachfolger wurde erheblich umkonstriert.
  • Die Deutsche Post wurde mit der Verkündung des Postverwaltungsgesetzes am 27.7.1953 offiziell zur "Deutschen Bundespost". Der Name war bereits kurz nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland in Gebrauch. Die Betriebsmittel wurden bereits ab 1950 zügig umbeschriftet.
  • Die Deutsche Post sowie die Deutsche Bundespost haben 1t-Kleinlaster nur in Busform beschafft. Für den Tempo Matador wurden die Hebmüller-Aufbauten genutzt. Das Museum für Kommunikation in Frankfurt hat ein solches Fahrzeug als Foto auf https://www.autobild.de/klassik/bilder/postautos-gestern-und-heute-1192353.html#bild11 bereitgestellt.
  • Erst ab 1. Juli 1956 wurden die rechteckigen KFZ-Kennzeichen in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Das Modell zeigt vorne und hinten angravierte Flächen für das Kennzeichen ab 1956 in einzeiliger Form. Dabei war das hintere Kennzeichen bis 1956 zweizeilig und 6-eckig. Ab 1956 würde das Fahrzeug ein Kennzeichen "BP 24-...." tragen.
WIKING 0335 03 Tempo Matador Deutsche Post
WIKING 0335 03 Tempo Matador Deutsche Post

Die bereits bei der Erstauslieferung des Tempo Matador-Modells von WIKING bemängelten Fehler, insbesondere das "Vogelbad" auf der Motorhaube, wurden nicht behoben.

WIKING 0335 03 Tempo Matador Deutsche Post
WIKING 0335 03 Tempo Matador Deutsche Post

Die grobe Form und der dreigeteilte Kasten lässen eine erstrebenswerte Darstellung geöffneter Türen durch nachträglichen Umbau nicht wirklich zu.

WIKING 0335 03 Tempo Matador Deutsche Post
WIKING 0335 03 Tempo Matador Deutsche Post

Da der Hebmüller- und auch der ähnliche Westrick-Aufbau eine erhebliche Verbreitung bei den Matador-Käufern fand, wäre WIKING gut beraten gewesen diese Aufbauform anzubieten. Getrennte Kästen sind bei 1-Tonnern dieser Zeit die absolute Ausnahme und nur bei Frischeprodukten oder empfindlichen Gütern mit Belüftung erforderlich gewesen. Leider hat WIKING das Auge für Details wieder völlig verloren.

Mir scheint, man setzt bei WIKING "historisierend" auf das statistisch schwindende Seh- und Erinnerungsvermögen der potenziellen Kundschaft für Modelle der 50er und 60er Jahre...

Zum Vorbild: Mit dem Wirtschaftswunder stieg auch der Anspruch der Käufer an die Fahrzeuge. Vidal&Sohn entwickelte deshalb 1949 als Nachfolger des 3-Rad-LKW HANSEAT der Vorkriegszeit den MATADOR, einen einfacher Transporter mit Rohrchassis und Frontantrieb. Die erste Auflage mit geteilter Frontscheibe wurde von einem VW-Motor (Variante des Käfer und Typ1-Motors) angetrieben. Nachdem VW 1953 die Lieferung der Motoren böswillig einstellte, wurde das Fahrzeug umkonstruiert und eine leichtere Version mit der Bezeichnung WIKING(!) dazugestellt.

Der TEMPO-Club hat viele Informationen und Bilder zu den TEMPO-Fahrzeugen bereitgestellt.

Text und alle Fotos, soweit nicht anders angegeben, ©Will Berghoff 2019