Sitzwagen mit eingebauter Küche gehörten seit dem Beginn des Betriebes bewirtschafteter Züge zu deren Standard-Fuhrpark. Aus diesen "Küchenwagen" entwickelte sich der komfortablere "Speisewagen", der den Reisenden die Möglichkeit bot, die Speisen an Ort und Stelle zu verzehren und sich dabei vom Servierpersonal bedienen zu lassen.

BRAWA B4ükw-20, für Grossbild klicken

Der Küchenwagen ermöglichte hingegen nur die Abgabe zubereiteter Speisen an Reisende zur Mitnahme an den Sitzplatz irgendwo im Zuge. Nach 1949 existierten nebeneinander Provisorien und ursprüngliche oder später umgebaute Küchenwagen.

Bereits 1926 rüstete die DRG einige Wagen der preussischen Holzbauart 1912 und der Stahlbauart aus 1920 mit einer Küche aus. Dazu wurden das linke WC , der Waschraum sowie das angrenzende Voll- und Damen-Abteil (bei der Bauart 26a das rechte WC und das angrenzende Abteil) in eine Küche umgebaut. Die meisten der umgebauten Wagen erhielt eine Polsterung auch in der 3. Klasse sowie elektrische Heizleitungen und wurde so zum C4ükw(e).

Wagenskizze C4ük pr 13/30

Die DSG führte bei der Betriebsaufnahme am 1. April 1950 insgesamt 50 Küchenwagen unterschiedlicher Bauart in ihrem Bestand. 1951 wurden weitere Wagen als C4ük-21/51 umgerüstet. 1958 waren noch 36 Reisezugwagen 2. Kl. mit Küche vorhanden. Die stählernen Wagen der Grundbaujahre 1920 bis 1923 blieben zum grössten Teil bis 1961 in Betrieb.

Auf der Basis der 2003 neu vorgestellten und zu Recht mit viel Lob bedachten Modelle der DRG-Reisezugwagen der Baujahre 1913 und 1920 ("stählerne Preussen"), DB-Verwendungsgruppe 15, liefert BRAWA seit Juni 2004 ein Modell des Sitzwagens mit Küche sowohl in DRG- als auch (mit weiteren DB-Varianten der bisher gelieferten DRG-Modelle) als DB-Epoche-IIIb-Ausführung beschriftet.

Anschriftenfeld und Fensterdetails BRAWA B4ükw

Bei dieser Lieferserie hat BRAWA die Detaillierung noch einmal vertieft. Aufgrund anfänglicher Kritik hat man die Oberlichter und auch die Lüftungsfenster nun weiss hinterlegt. Dies wäre für die DB-Ausführung nicht zwingend gewesen, da überwiegen kein Milchglas bei der Reparatur von Kriegsschäden verfügbar war, aber es sind auch "milchverglaste" Wagen bekannt.

Küchenfensterdetail BRAWA B4ükw

Beim "Küchenwagen" hat man eine entsprechende geänderte Inneneinrichtung mit Küche eingebaut und die Küchenfenster mit Hilfe eines neu geformten Fenstereinsatzes nachgebildet. Diese Fenstereinsätze können fertigunsgtechnisch begeistern, denn erstmals findet man hier 2-farbig und matt (!) metallisierte Fensterrahmen, lackierte Fensterteile sowie eine rückseitige, trennscharfe Teilbedruckung.

Doch die Begeisterung ist nicht dauerhaft, denn man hat die Gitterstäbe aussen auf den Scheiben aufgebracht, eine bei deutschen Reisezugwagen für den öffentlichen Personenverkehr nicht übliche Ausführung. Beim Vorbild sind bei allen Speisewagen die Gitter innen hinter den Scheiben angebracht und bei Milchglasscheiben kaum sichtbar. Der bisherige Fenstereinsatz hätte also genügt und Formkosten in nicht unerheblicher Höhe gespart. Die Trennleisten der Klappfenster des WC fehlen leider bei diesem Modell, sind bei den anderen Ausführung jedoch vorhanden.

Der Modellbahner wird die Inneneinrichtung farblich nacharbeiten und vor allem den hochglänzenden Fußboden anthrazitfarben mattieren. Die Polsterbänke (4 Sitzplätze!) der früheren 3. Klasse dürften seegrün gewesen sein. Das Ofenrohr auf dem Dach errscheint ein wenig zu zierlich zu sein.

Wagenübergang BRAWA B4ükw

Die Ausstattung der Wagenübergänge ist komplett montiert, allerdings mit eingezogenen Faltenbägen. Für den Einsatz im Zug können diese gegen beiliegende ausgezogenen Faltenbälge getauscht werden. Die Detaillierung des Überganges entspricht dem Zustand bei Ablieferung der Wagen 1920. Die DB hat zum Schutz des Personales vor Stromschlägen die Leitern unter dem Wagen und die Dachtritte entfernt sowie die Leitern an den Wagenübergängen auf halbe Höhe abgebaut. Da der Wagen mit dem Revisionsdatum "19.12.56" versehen ist, müsste diese Änderung erfolgt sein. Auch müsste der Wagen nach der Revision wenigstens über elektrische Heizleitungen verfügen und somit als B4ükw(e) beschriftet sein. Man mag also annehmen, dass es eine "Sparrevison" war und der Wagen zum Einsatz auf elektrifizierten Strecken nicht zugelassen ist. Typische Wagenreihungspläne z. B. des D373/374 belegen allerdings eine elektrische Zuglok Treuchtlingen-München.

Etwas unklar ist die Vorbildwahl. Der Wagen wurde vom Hersteller aufgrund eines der wenigen vorhandenen Fotodokumente als 19 938 Ksl nachgebildet. Dieser Wagen ist ein 1951 aus einem 1922 in Görlitz gebauten C4ü 18 880 umgebauter Küchenwagen mit Polsterbänken. Die Türen müssten ebene Flächen aufweisen, da die Holzrahmentüren bei der Aufarbeitung 1951 verschwanden. Die Ausrundung des Oberlicht-Daches an den Wagenenden war bei den Wagen aus 1920er Fertigung etwas flacher. Für die 1921er passt die Dachrundung. Die Farbe des Aufbaues kommt RAL 6007 recht nahe und entspricht damit dem gewählten Einsatzzeitraum. Ein Foto (MIBA 8/2003 S.16u) zeigt den Wagen ca. 1959 mit erheblichen Blechausbesserungen unter den Fenstern und mit Oberlichtfenstern ohne Milchglas.

Für die Epoche II wird das Modell bei angepasster Beschriftung auch angeboten. In diesem Fall müsste es aber dann ein C4ük-20/26 sein.

Drehgestell und Rahmen BRAWA B4ükw

Die hervorragend nachgebildeten Drehgestelle der "amerikanischen" Bauart sind laut Rahmenbeschriftung mit Kunststoffgleitlagern (Teflon?) ausgerüstet - ich vermag das nicht zu widerlegen, auch wenn ich wegen des Revisionsdatums daran zweifle. Die mehrfarbige und vollständige Rahmenbeschriftung jedenfalls vermag das Auge unter der Lupe zu begeistern. Dieser Wagen hatte allerdings im Vorbildbetrieb an beiden Drehgestellen eine Lichtmaschine. Unter dem Rahmen fehlen die Bremsgestänge und die Bremsumstellhebel (sowie bei beim 19 936 Ksl vorhandener EHzg der Heizungschungsschalter).

Letzlich ist also auch dieses Modell ein Kompromiss. Ich halte diesen Kompromiss jedoch auch angesichts des hohen Verkaufspreises für vertretbar, weil die Abweichungen wirklich nur bei tieferem Wissen über das Vorbild auffallen und die Gesamtnachbildung glaubhaft ist. Zudem sehe ich für einen erfahreneren Umbauer keine besonderen Schwierigkeit, die Abweichungen zu beseitigen. Warum der Karton mit der unlogischen Bezeichnung "DB C4üK 2. Klasse" beschriftet ist, ist vermutlich dem dauernden Zeitdruck geschuldet.

Fotos dieser Seite: Will Berghoff

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